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Was bedeutet es, ein Grieche zu sein


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Was bedeutet es, ein Grieche zu sein?




Die Volks- bzw. Stammeszugehörigkeit ist seit Menschengedenken identitätsstiftend, das gilt für alle Völker, Stämme und Sprachen, sie hat aber auch eine diskriminierende, d.h., eine unterscheidende Funktion. Auf den politisch negativen Aspekt gehen wir nicht ein, weil er auf böse Weise instrumentalisiert wird. Wir betrachten vornehmlich den Griechen als Gegenpart des Juden. Der Apostel Paulus nimmt diese Unterscheidung zum ersten Mal im Römerbrief vor, nicht zeitlich gesehen, sondern thematisch und damit gemäß dem neutestamentlichem Kanon. In Römer 1,16 redet er über das Evangelium, das Gottes Kraft ist zum Heil, sowohl für den Juden - zuerst - als auch für den Griechen.

Was aber unterscheidet die beiden, nicht als ein qualitativ Trennendes, sondern als ein qualitativ Anderes? Bekanntermaßen haben die Juden ein Gesetz, das schriftlich vorliegt und von jedermann gelesen werden kann. Die Juden gaben dem Buch, in dem das Gesetz geschrieben steht, den Namen Tanakh (ausgesprochen: Tanach; die Betonung  liegt auf der letzten Silbe). Es handelt sich bei dem Namen um ein Akronym, das sich aus den Anfangsbuchstaben dreier hebräischer Wörter zusammensetzt, es sind die Wörter Torah, Nevi'im und Ketuvim, auf deutsch sind das: 1. die fünf Bücher Moses, das ist die Torah,  dann 2. die Propheten, das ist die Gruppe der Nevi'im und, alle guten Dinge sind drei, die dritte Gruppe, die Ketuvim; (hierzu die Tabelle) Die Griechen dagegen haben ein solches Gesetz nicht, und dennoch, sie sind nicht ohne Gesetz. Sie tun von Natur aus das, was im Gesetz geschrieben steht. Paulus schlussfolgert: So sind diese, die kein (geschriebenes) Gesetz haben, sich selbst ein Gesetz. Interessant ist, beide, Jude und Grieche, kennen das Zünglein an Waage, an der Waage der Justicia. Es ist ihr Gewissen.

Nun könnte jemand aufstehen und sagen: Na, dann gibt es doch keinen Unterschied zwischen Juden und Griechen! Aber Halt! Es gibt ihn eben doch, den Unterschied und zwar einen sehr wesentlichen. Der Unterschied zwischen einem Juden, der den Tanakh hat und dem, der "sich selbst ein Gesetz ist", besteht in der unterschiedlichen Toleranz. Ein Jude hat eine fest umgrenzte Norm, die ihn festlegt. Der Grieche dagegen hat eine fließende Grenze und besitzt damit einen größeren Spielraum, denn nicht der Buchstabe der Torah setzt für ihn die Grenze fest, sondern sein Gewissen und das Gesetz des Nächsten. Wir können daher sagen, das Gesetz des Juden ist restrektiv und das Gesetz des Griechen extensiv. Der Grieche kann toleranter sein gegenüber seinem Gesetz als es ein Juder gegenüber dem Tanakh sein darf. Der Jude fühlt sich an das geschriebene Gesetz gebunden, die Folge ist, er neigt eher zu Strenge und Genauigkeit.

Kulturgeschichtlich hatte dieser kleine Unterschied enorme Auswirkungen und genau das ist der eigentliche Gegenstand unserer Ausführungen, denn wir wollen ja erläutern, was ein Grieche ist.
Worauf deutet also Paulus, wenn er den Griechen in Abgrenzung zu einem Juden unterscheidet? Der biblische Ausdruck Grieche steht zuallererst für die Griechen selbst, die zwischen Mazedonien im Norden und Achaja im Süden und auf den griechischen Inseln lebten. Dann steht der Begriff auch für den griechischen Sprachraum der am Mittelmeer liegenden östlichen Länder und den dahinterliegenden Gebieten, wie die Länder des heutigen Irak und Iran und bis hin nach Indien. Des Weiteren steht der Begriff für den gesamten Kulturraum der Anrainerstaaten des Mittelmeeres einschließlich Spanien und Nordafrika. Die griechische Kultur machte aber dort nicht Halt, sondern erfasste den gesamten europäischen Kontinent. Und als die Zeit gekommen war, eroberten die "Griechen" die Welt, anfangend von Mittel- Süd- und Nordamerika, später Australien und Neuseeland und dann in den fernen Osten, bis hin zum Land der aufgehenden Sonne,  nach Japan. Irgendwann hat die griechische Kultur auch das introvertierte China erreicht, wenn auch noch nicht durchdrungen. Dennoch, der Einfluss griechischen Denkens findet sich im Theater, in der Literatur, der Musik und besonders auffällig in der Wissenschaft. Kurz gesagt, die Griechen durchdringen die gesamte Weltkultur, ohne jedoch lokale Einzigartigkeiten zu eliminieren.

Woran mag das wohl liegen? Wir meinen, es ist vor allem die attraktive Ästhetik in den bildenden Künsten, die auf uns Menschen eine fast magische Anziehungskraft ausüben und das auf allen Gebieten. Auch die moderne Wissenschaft ist ohne die griechischen Gelehrten undenkbar. Gefördert wurde und  wird sie durch die Freiheit der Christenmenschen. Dies wird besonders anschaulich in der Kunst- und Wissenschaftsgeschichte des Christentums. Während der ersten Jahrhunderte des Christentums stieg der Katholizismus empor, durch ihn verarmte die Kunst und die Wissenschaft wurde unterdrückt und trat auf der Stelle. Die Darstellung der Wirklichkeit wurde in Bildern abstrahiert. Spätestens mit der Renaissance gewinnt die kreative Schaffenskraft "der Griechen" eine erneuerte Vitalität und Durchschlagskraft; und durch die Reformation trat diese Kultur ihren weltweiten Siegeszug an. Die war aber nur durch das befreite Christentum möglich.

Die griechische Kultur hatte und hat auch ihre Schattenseiten, die bis in unsere Tage dem Christentum gleichsam als Schatten nachschleichen und ihr Unwesen treiben. Schemenhaft hat es mit seinen gnostischen Weltanschauungen und den damit verbundenen religiösen Riten es geschafft, sich bei uns einzunisten und sich sogar mit ihm zu vermischen, fast untrennbar scheinen sie mit ihm verwoben zu sein. Der sichtbarste Ausdruck davon findet sich in den Kulten der römisch-katholischen Kirche, aber auch bei ihren Töchtern, die fleißig von ihr gelernt und abgekupfert haben. Das römisch-katholische System ist ein Originalabdruck der griechischen Kultur. Es stellt sowohl die Sonnen- als auch die Schattenseiten dieser Kultur dar. Rom ist der Grieche par excellence. Das wahrhaftige Christentum aber hat die Perlen von Wissenschaft und Kunst der griechischen Kultur zu neuer Reife geführt und zum glänzen gebracht und das alles gegen Rom.

Nun wollte der Apostel Paulus keine Kulturgeschichte schreiben und hat es auch nicht getan, ihm ging es um die Verbreitung und Verkündigung des Evangeliums und das auf der ganzen Welt. Seine Botschaft lautet: Umsonst gerechtfertigt aus Glauben. Beide müssen glauben, sowohl der Jude als auch der Grieche, denn mit eigenen religiösen Anstrengungen ist da nichts, aber auch rein gar nichts zu stemmen, denn  das Gift der Lüge, mit der die Schlange das erste Menschenpaar „gebissen“ hatte, wirkt in beiden, macht daher ihre ganze religiöse Arbeit von vornherein zunichte.

Wie wir gesehen haben, sind sich Jude und Grieche doch sehr ähnlich. Allerdings hat der Jude hinsichtlich seines Buches, dem Tanakh, einen leichten Vorteil, um an den Erlöser Jesus Christus glauben zu können, wenn er die menschlichen Überlieferungen beiseite lässt. Andererseits hat es der Grieche einfacher, weil er in der Freundlichkeit Gottes, wir kennen sie auch unter dem Begriff Gottes, einen positiven Eindruck von Jesus erhält, denn im Vergleich zu seinen eigenen Göttern, die u.a. grausam, mordend und unzuchttreibend durch die Welt ziehen, sich damit so gar nicht empfehlen, ist der Sohn Gottes tatsächlich aus dem Himmel auf die Erde herabgestiegen und hat ein heiliges und frommes Leben geführt und wurde somit zur wahren Lichtgestalt.

Bei aller Gemeinsamkeit gibt es doch einen Unterschied zwischen Juden und Griechen, davon spricht der Apostel in Römer 1, er sagt: Wir predigen Christus als gekreuzigt, den Juden ein Ärgernis und den Nationen eine Torheit. Stimmt das? Wenn du ein Jude bist, dann frage dich: Ist die Kreuzigung Jesu für mich tatsächlich ein Ärgernis? Und wenn du ein Grieche bist, also aus den Nationen, dann frage dich: Ist die Kreuzigung Jesu für mich eine Dummheit?
Ich kann euch die Fragen nicht beantworten, aber wenn ihr der Aussage des Paulus zustimmt, dann seit ihr auf dem besten Weg, denn Jesus sucht die Aufrichtigen.  

Berlin, den 28.10.2022




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